Ähren

Futtermittel made in Schleswig-Holstein:

Regionalität trifft Innovation

Schleswig-Holstein zählt zu den bedeutendsten Agrarregionen Deutschlands – mit einer stark vernetzten Futtermittelindustrie, die eng mit der regionalen Landwirtschaft verzahnt ist. Drei Unternehmen stehen exemplarisch für die Vielfalt und Herausforderungen der Branche im Norden: die Futter-Manufaktur J. August Plambeck GmbH & Co. KG in Brügge, die Raisdorfer Mühle Jörg-Peter Schmidt e. Kfm. und der Bio-Pionier Gut Rosenkrantz Bio-Futter GmbH & Co. KG. Sie zeigen, wie unterschiedlich die Produktion sein kann, welche Innovationen im Fokus stehen und wie nachhaltige Wertschöpfung funktioniert.

Die norddeutsche Futtermittelindustrie folgt klar dem Bundesdurchschnitt: Viele kleinere Betriebe geben auf, größere, selbst produzierende Mischfutterwerke dominieren den Markt. Betriebe in Schleswig-Holstein setzen auf ihre gute regionale Verzahnung: Kurze Rohstoffwege, frische Zutaten und enge Zusammenarbeit mit Landwirten sind Standortvorteile. Doch andere Herausforderungen nehmen zu: Die Rohstoffpreise für Soja, Raps und Getreide schwanken stark, zuverlässige Transporte sind zeit- und kostenintensiv. „Futtermittel kommt nur sauber und klumpenfrei zum Hof, wenn es mit speziellen Fahrzeugen angeliefert wird, die per geschlossenem Drucksystem den Sauerstoffzufluss regeln“, erklärt Peter Plambeck. 

Er führt sein Familienunternehmen in fünfter Generation mit einem klaren Fokus auf regionale Qualität und digitale Innovation. Der Betrieb verarbeitet überwiegend Rohstoffe aus Schleswig-Holstein und Umkreis, darunter Nebenprodukte wie Apfeltrester aus der Landwirtschaft und Haferschälkleie von regionalen Partnerunternehmen wie H. & J. Brüggen KG und Peter Kölln GmbH & Co. KGaA. Für Plambeck ist die Nähe zur Rohstoffquelle essentiell. Sie sichert Qualität und reduziert Emissionen durch kurze Transportwege. „Da stehen wir noch ganz am Anfang, aber ich bin zuversichtlich, dass es sich lohnt, das Thema KI in die Prozesse zu integrieren“, sagt Plambeck zum Einsatz künstlicher Intelligenz in der Rezepturoptimierung. Außerdem gehören Fermentationstechnologien dazu, die das Futter bekömmlicher und nährstoffreicher machen. Die eingesetzte Stickstoffverpackung sorgt dafür, dass das Futter deutlich länger hält – ein cleverer Nachhaltigkeitsbeitrag, der trotz Plastikverpackung insgesamt Müll reduziert. 

Besonders spannend ist auch die digitale „feedybox“, eine Schließfachlösung, die den Zugang zu Futtermitteln rund um die Uhr erlaubt. „Immer mehr Betriebe digitalisieren Produktherstellung und Lagerbestände, um den steigenden Anforderungen gerecht zu werden“, erklärt Plambeck. Parallel produzieren einige größere Unternehmen Mischfutter wieder in Eigenregie, das mache den Markt zunehmend dynamisch.

J. August Plambeck GmbH & Co. KG
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Trendwechsel in der Futtermittelindustrie: Viele kleinere Betriebe geben auf, Mischfutterwerke dominieren.

Die Raisdorfer Mühle nahe Kiel produziert seit mehr als 120 Jahren und setzt als familiengeführter Betrieb auf regionale Getreidesorten wie Hafer, Weizen, Gerste und Mais, vornehmlich für Pferde- und Geflügelfutter. Geschäftsführer Jörg-Peter Schmidt betont: „Onlineshops sind für kleine Betriebe zwar spannend, doch bei uns klappt es einfach besser mit persönlichem Service, individueller Beratung und Lieferung bis direkt zu den Landwirten.“ 

Die Mühle steht für die anhaltende Bedeutung kleiner und mittlerer Betriebe in Schleswig-Holstein, die mit Flexibilität und Kundennähe punkten. „Regionale Herkunft und handwerkliche Produktion sind heute mehr als ein Trend, sie sind für viele Landwirte und Verbraucher ein klarer Nachhaltigkeitswunsch.“ Doch auch Schmidt sieht, wie Logistik und die Schwankungen der Rohstoffpreise die Arbeit erschweren. 

Auch die Anforderungen an Futtermittel selbst steigen – gentechnikfrei und nachhaltig sollen sie sein. Die Basis bilden hierbei Getreide (Hafer, Weizen, Gerste, Mais), ergänzt durch wichtiges Eiweiß wie Sojaschrot (meist importiert aus beispielsweise Brandenburg) und Rapsextraktionsschrot aus der Region. Die Politik in Schleswig-Holstein unterstützt Programme, die Produktion und Tierwohl EU- und bundesweit regulieren.

Raisdorfer Mühle
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Gut Rosenkrantz ist seit Jahrzehnten ein Vorreiter in diesem Bereich. Ernst-Friedemann von Münchhausen übernahm das Gut 1977, zunächst in konventioneller Bewirtschaftung, stellte es aber schrittweise auf ökologische Landwirtschaft um. „Das war für mich eine Herzensentscheidung, aber auch eine ökonomische Notwendigkeit“, sagt von Münchhausen rückblickend.

Das Besondere: Gut Rosenkrantz deckt eine nahezu vollständige Wertschöpfungskette ab: vom Saatgut über Düngemittel und Bio-Futtermittel bis hin zu Backrohstoffen. „Wir wollen möglichst viele Prozessschritte selbst bedienen, um Qualität und Regionalität sicherzustellen“, erklärt von Münchhausen. Das einzige Bio-Futtermittelwerk in Schleswig-Holstein steht in Süderbrarup. Und vom Standort in Neumünster werden europaweit 500 Bio-Bäcker mit beispielsweise Mehlen, Ölsaaten und Nüssen beliefert. Kontinuierlich setzt man hier auf nachhaltige Kreisläufe und die Reduktion von Umweltbelastungen. Ökolandbau sei eine wichtige Maßnahme, wenn nicht sogar ein gesellschaftlicher Beitrag, um zum Beispiel auch den Stickstoffeintrag in der Ostsee zu reduzieren, so von Münchhausen.

Nur wenn die Futtermittelproduktion sich kontinuierlich anpasse und verbessere, könne gewährleistet werden, dass die Produkte auf dem Teller den Ansprüchen von Tierwohl, Nachhaltigkeit und Qualität gerecht werden.

Handelsgesellschaft für Naturprodukte mbH
Annchristin Seitz
Annchristin Seitz